Dienstag, 4. Dezember 2007

Story: Weihnachtsmann-Mission in Petrosani

von Julia Schoon (Text) und Sandra Kühnapfel (Fotos)
Sonntag Mittag sind wir in Timisoara angekommen, Montag früh schon (kurz nach einem spektakulären Sonnenaufgang) sind vier Gruppen wieder aufgebrochen: Auf dreitägigen Touren fahren sie Geschenke und teilweise auch Hilfsgüter in die weiter entfernten Städte Brasov, St. George, Sibiu, Deva, Hunedoara, Alba Julia und Petrosani. Ein Teil der Helfer bleibt in Timisoara und fährt auf Tagestouren Geschenke in Kinderheime und Krankenhäuser in der näheren Umgebung. Am Donnerstag treffen sich wieder alle in Timisoara zur Weihnachtsfeier im Kinderdorf.

In Petrosani unterstützt Round Table ein Caritas-Nachtasyl für Straßenkinder mit Sachspenden, außerdem bekommen bedürftige Familien (die oft sieben oder sogar mehr Kinder haben und meist in nur einem Raum leben), Schulen, Krankenhäuser und auch das Nachtasyl Weihnachtspäckchen. Zwei LKW (gefüllt mir 5000 Weihnachtspäckchen und mit Sachspenden), Bus Nr. 1, 15 Helfer und eine Mitarbeiterin der „Kinderzukunft“ (die nur rumänisch spricht, was zu lustigem Mit-Hand-und-Fuß-Radebrechen führte) brachen also Montag früh kurz nach Sonnenaufgang bester Dinge gen Petrosani auf.

Die Hinfahrt war aufregend – im Blog wurde ja schon davon berichtet, dass der Bus eine Panne hatte, der Motor plötzlich heftig zu qualmen anfing und wir unterwegs stehen bleiben mussten. Nora, die 26-jährige Leiterin des Nachtasyls, schickte uns nach etwa zwei Stunden einen Mini-Bus mit zwei Fahrern, die ebenfalls nur rumänisch und ein paar Brocken Englisch sprachen, uns aber trotz rasantem Fahrstil kurz vor Einbruch der Dunkelheit wohlbehalten in Petrosani ablieferten. LKW Nr. 4 (der mit den Sachspenden) kam mit uns, als wir ihn entladen hatten, kamen auch LKW Nr. 10 (der mit den Weihnachtspäckchen) und der Rest der Truppe am Nachtasyl an.

In Windeseile luden wir 220 Päckchen in den Mini-Bus und ein Auto um, dann düste ein Teil der Konvoi-Helfer in Begleitung zweier rumänischer Nachtasyl-Mitarbeiterinnen in Weihnachtsmann-Mission zu unserer ersten Bescherung: in zwei Sinti und Roma-Siedlungen.

Es war schon stockfinster, als wir über einen unbefestigten Weg in die erste Siedlung einbogen, parkten – und beim Aussteigen halb im Schlamm versanken. Zum Glück hatten wir alle feste Schuhe an, die Empfänger unserer Geschenke waren da sehr viel schlechter dran: einige trugen nur Pantoffeln oder Badelatschen, oft ohne Socken und natürlich Schlamm verschmiert, manche Kinder hatten nur dünne Stoffhosen an und keine dicken Jacken.



Sofort kamen die ersten Bewohner aus dem vordersten Haus, und als wir den Kofferraum geöffnet hatten, waren wir bereits umringt von vielen vielen Kindern, die mit großen Augen auf den Geschenkeberg schauten und aufgeregt durcheinander schnatterten, und ihren Eltern. Von überall her kamen immer noch mehr Familien, die sich ihre Geschenke abholen wollten.

Die Caritas hatte sich in diesem Jahr ein neues Verteilsystem ausgedacht: Die Familien mussten mit einem offiziellen Papier die Zahl ihrer Kinder nachweisen, dann bekamen sie entsprechend viele Weihnachtsgeschenke überreicht. Natürlich gab es im Laufe des Abends noch äußerst temperamentvolle (und lautstarke) Diskussionen, in denen manche Mütter behaupteten, noch sehr viel mehr Kinder zu haben, auch ein 84-Jähriger trat auf, der für sein 13-jähriges Kind ein Geschenk forderte. Nicht ganz auszuschließen, dass er die Wahrheit sagte, damit es gerecht zugeht, blieb es aber bei dem, was auf unseren Listen stand, und das klappte im Großen und Ganzen auch ganz prima. Die Helfer an der Geschenkausgabe machten bei der Gelegenheit einen Rumänisch-Crashkurs und konnten zum Schluss sogar erklären, dass man sich erst einen Zettel geben lassen muss, auf dem die Zahl der Geschenke steht. Das klingt dann so: „Billete! Acollo!“ (auf deutsch: „Zettel! Dort!“), während man in Richtung der Caritas-Mitarbeiterin zeigt :-)

Szenen wie beim Winterschlussverkauf blieben uns so glücklicherweise erspart, im Gegenteil: Wir durften uns immer wieder über strahlende Gesichter und ein glückliches (wenn auch schüchtern und ein wenig leise vorgebrachtes) „Thank you“ oder „Multumesc“ (so heißt Danke auf rumänisch) freuen.



Nach gut zwei Stunden hatten wir fast alle 220 Geschenke unter die Leute gebracht (ein paar Familien waren nicht gekommen) und kehrten durchgefroren zum Nachtasyl zurück – wo der Rest der Mannschaft und einige Helfer aus dem Nachtasyl dabei waren, die restlichen 4780 Weihnachtsgeschenke vom LKW zu entladen. Als wir die Ladeflächen gegen 22 Uhr endlich leer geräumt hatten (und der eine oder andere in der Kette einen Drehwurm vom Weiterreichen der Päckchen hatte), gingen wir ausgehungert und noch verfrorener zum Essen. Und wieder blieb keiner hungrig: Teller um Teller mit Fleischbergen, Kartoffeln und Pommes kamen aus der Küche und damit's nicht etwa einseitig wird, gab's dazu ordentlich mit Knoblauch gewürzten Sauerrahm und Salat. Und natürlich feines „Timisoara“-Bier.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sehr bewegend, das Ganze!
Respekt + tolle Leistung an alle vorort !!!!!

Yit & Weiter so!!

Konstantin, RT 163 Rheingau